Brigitte

08.05.2022  |  Humans by Calumed

Ich hatte keine Vorstellung, keinen Plan vom Leben. Ich hab‘ einfach das angenommen, was war. Ich wurde mit meiner Familie heimatvertrieben. Wir landeten in Berlin in einer 1,5 Zimmer-Wohnung, meine Eltern, ich und meine beiden Schwestern. Ich verbrachte meine Zeit am liebsten draußen, im nahen Schwimmbad oder zum Spielen auf der Straße. In der Schule war ich eine Sammlerin von Einträgen. ‚Brigitte schwatzt‘ oder ‚Brigitte zu spät‘ hieß es meist.

Eines Tages ging ich mit meinem Freundeskreis zum Fußball und dort sollte ich meinen späteren Mann kennenlernen. Er hatte als Schneider ein bisschen Geld, wir fanden eine Wohnung, so konnten wir heiraten und eine Familie gründen. Die Ehe hielt nicht, denn ihn regierte zunehmend der Suff. Ich machte eine Ausbildung, lernte Steno und Schreibmaschine schreiben und fand eine Anstellung beim Finanzamt. Das klingt zwar wenig prickelnd, aber ich hab‘ es gerne gemacht. Aber ich brauchte einen Ausgleich und ging regelmäßig zum Tanzen. Dort fand ich einen neuen Partner. Wir fassten den Plan, nach Hawaii zu reisen. Der Partner ging, der Reiseplan blieb. Und ich verbrachte meinen 50. Geburtstag auf Hawaii.

Meine zweite Lebenshälfte sollte bunter werden. Ich lernte Marion Jächter und ihre Heilarbeit kennen, über sie dann Dieter und das Refugium und Annie Sprinkle. Die Leute um Dieter hatten alle solche ‚Sternenaugen‘ und ich dachte mir: Das will ich auch. Diesem Kreis bin ich nun seit dreißig Jahren verbunden und es erfüllt und beglückt mich immer wieder.

Ich hatte zeitlebens das große Glück, immer wieder die richtigen Leute zur rechten Zeit kennenzulernen. Das hat mich getragen und tut es bis heute.

Ich schätze es besonders, wenn man sich auf Menschen verlassen kann, wenn sie eine gute Balance zwischen Geben und Nehmen finden und wenn sie ihre Beziehungen halten und pflegen.

Mensch werden. Mensch bleiben.