Jörg

17.07.2022  |  Humans by Calumed

Ende der 90er-Jahre bekam ich das Buch „Die Ballade vom Baikalsee“ des ZDF-Journalisten Klaus Bednarz in die Hände. Bednarz startete im ehemaligen Ostpreußen und in Jahresetappen reiste er immer weiter gen Sibirien. Auch mich zog es schon immer mehr in den Osten. Und als ich diese herrliche, naturnahe und ursprüngliche Beschreibung des Baikalsees las, da entstand in mir der Wunsch: In diesem schönen See möchte ich einmal in meinem Leben baden. Nur wenige Jahre später kündigte ich in der Schweiz meinen Job, löste die Wohnung auf, hatte noch keine Kinder und damit war das Zeitfenster für die Verwirklichung des Wunsches da. Ich fuhr mit meinem alten Schweizer Militärfahrrad mit nur einem Gang im April 2003 in Leipzig los. Mein Ziel war, mit einem halben Jahr gültigem russischen Visum bis zum Baikalsee zu kommen. Das waren so knapp 11.000 km. Ich kam auch am Baikalsee nach einem viertel Jahr an und nahm mein Bad: Es war dermaßen kalt! Aber das glasklare Wasser… es war so extrem wunderschön. Nun war ich hier am Baikalsee!

In Moskau traf ich zuvor einen Japaner, der von Ost nach West Sibirien durchquerte. Dem schrieb ich nun am Baikalsee eine Mail. Er antwortete: „Fahr doch noch ein bisschen weiter, die Landschaft wird noch schöner und die Menschen noch gastfreundlicher, und wenn Du in Wladiwostok bist, dann setzt Du mit der Fähre über und besuchst mich noch in Tokio.“ Und wer macht schon gerne halbe Sachen? Also schnürte ich wieder mein Ränzchen und fuhr mit dem Rad weiter quer durch Russland, noch mal so ca. 4.000 km bis Wladiwostok, setzte mit der Fähre über und besuchte diesen Typen zu einer vereinbarten Zeit in Tokio.

Das war die Erfüllung eines meiner größten Lebensträume, von dem ich auch noch heute immer wieder zehre. Allein die Gastfreundlichkeit der russischen Bevölkerung. Die Menschen haben selber relativ wenig, doch sie sind so offenherzig und tischen auf und unterstützen Reisende, dass sich die Balken biegen.

Die größte Erkenntnis für mich lag in der Erfahrung zu wie viel der Mensch aus eigener Kraft fähig ist. Wenn es mal schwierig wurde, das Leben hatte immer eine Form von Unterstützung und Hilfe bereitgehalten. Ein begeisterter Fahrradfahrer bin ich auch weiterhin geblieben. Meine Wege für das Voranbringen der Bürgerenergiegenossenschaft Helionat eG erledige ich am liebsten mit Bahn und Faltrad.

Wenn man bedingungslos liebt, sowohl in die Richtung des Gegenübers wie auch sich selbst, dann ist für mich ein Mensch ein Mensch. Das Gleichgewicht von nehmen und empfangen gibt den Ausschlag.

Mensch werden. Mensch bleiben.