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26.09.2021  |  Humans by Calumed

Als Jugendlicher hatte ich keine rechte Perspektive. In meiner Familie ging es nicht so sehr um die berufliche Entfaltung einer Leidenschaft, sondern mehr um irgendeinen Job zur Sicherung des Lebensunterhalts. In meinen Hobbys verpuppte sich zwar immer schon eine künstlerische Ader, aber auf die Idee, mich auch beruflich entsprechend zu orientieren, sollte ich erst später kommen. Als Zivi hatte ich als Pfleger gearbeitet und dabei entdeckt, dass ich eine Gabe und Kompetenz im Umgang mit Menschen habe. Dieses Standbein habe ich mir bis heute beibehalten und arbeite heute als Pfleger auf einer Palliativstation. Bei dieser Tätigkeit treten die üblichen Manöver und Nichtigkeiten, Floskeln und Attitüden in den Hintergrund. Was zählt ist die unmittelbare Begegnung. Man ist einfach mit- und füreinander da, pur, und näher kann ich dem Glück kaum kommen.

Mein künstlerisches Spielbein habe ich in der Fotografie gefunden. Alles begann mit den Fotos unserer Kinder. Durch sie entdeckte ich die Fotografie für mich. Heute arbeitete ich neben der Pflege mit schönem Erfolg als Fotograf, besonders als Portraitfotograf. Viele lassen sich nicht gerne ablichten, fühlen sich dabei unwohl und verkrampfen und genau diese Menschen liegen mir besonders. Wenn sich dann in den Portraitfotos die Nähe abbildet, die in der Begegnung entstanden ist, wenn das Bild selbst zur Begegnung wird, dann ist ein Bild für mich ‚gelungen'.

Ich hatte immer den Wunsch, gesehen und wahrgenommen zu werden, bzw. dass etwas, das ich schaffe, wahrgenommen wird. Das kann ich mir mit meinen Fotografien erfüllen. Was mich angetrieben hat, waren immer Nähe, Kontakt und echte und wahrhaftige Begegnungen und die Liebe zu meiner Arbeit.

An einem Menschen interessieren mich nicht so sehr seine Fertigkeiten oder Leistungen. Ich schätze es, wenn ein Mensch einfach er selbst ist, statt nur ein Spiegel der Erwartungen und Ansprüche anderer. Ich mag den puren unmittelbaren Kontakt. Ein Mensch mit einem offenen Herzen und voll Wahrhaftigkeit ist das, was ich als besonders anziehend und wertvoll erlebe.

Mensch werden. Mensch bleiben.