Kerstin

06.02.2022  |  Humans by Calumed

Für mich war von klein auf Leben und Tod sehr verwoben. Mit fünf fragte ich: „Mama, wann kann ich denn wieder gehen?" Für mich war Sterben nicht schrecklich, sondern die andere Seite des Lebens. Und meine Sehnsucht war groß, wieder dorthin zurückzukehren. Mit 16 oder 17 bekam ich eine Antwort für mein Leben, hier auf dieser Erde: „Es ist jetzt Deine Aufgabe ganz hier zu sein und Dein Leben und alles darin zu lieben." Und so kann ich rückblickend sagen, ich gehe den Weg der Annahme und erforsche noch immer das Leben über das Mysterium Liebe.

Ich studierte Ethnologie und Literatur und auch hier ging es um die Frage: „Welche weltweiten Konzepte von Liebe, von Glauben, von Religion, von Familie, von Beziehungen gibt es? Im Grunde wollte ich wissen, wie es schon Faust bei Goethe fragt: „Was ist es, dass die Welt im Innersten zusammenhält?".

Eine Antwort auf dem Weg der Suche? Essenziell ist die Erkenntnis, dass das Erleben von Liebe immer nur in der Begrenztheit von ICH und DU erfahrbar wird. Punktuell können wir Ekstase und Verschmelzung und damit die Aufhebung der Zweisamkeit erleben. Diese Erkenntnis hat eine große Ruhe in mir ausgelöst und einen tiefen Frieden erzeugt. Denn mein Gegenüber, er muss diese Sehnsucht der Aufhebung des Getrenntseins nicht mehr erfüllen. Ich kann nun den anderen – meinen Geliebten – so sein lassen und nutze ihn nicht mehr, um mich selbst zu fühlen oder um irgendwas zu ergänzen, was mir fehlt.

Es brauchte für dieses Ankommen in mir jeden „Umweg" auch an schmerzvollen Erfahrungen, der ja in Wahrheit kein Umweg ist. Diese „Abschürfungen" im Leben sind die Lektionen auf dem inneren Pfad. Das ist auch ein Aspekt, der sehr stark in meine Arbeit der Begleitung von Menschen einfließt: Gute und nicht so gute Lebenserfahrungen, wie auch Erkrankungen, sie dienen als Lernfelder. Und nichts und niemand war und ist umsonst. So wird es möglich, auch den Frieden mit allem und vor allem IN sich zu finden. Das ist für mich der zentrale Schlüssel auf dem Weg zur Erfüllung und zur Einheit: Vergebung und Frieden im eigenen Herzen.

Was macht einen Menschen menschlich? Ein mitfühlendes, sehendes Herz: Das Anerkennen der Andersartigkeit unseres Gegenübers: „Ich nehme Dich wahr mit Deiner Angst, mit all' Deinen Gefühlen, Deinem Sein. Denn wer bin ich, dass ich den Weg Deiner Seele bewerte, all' Deine Geschichten und gespeicherten Erinnerungen vieler Leben. Und deshalb achte ich Dich in Deinen Empfindungen und daraus resultierenden Entscheidungen."

Mensch werden. Mensch bleiben.