Sandra

20.02.2022  |  Humans by Calumed

Ich wuchs in der DDR in einer patriarchalen Familie auf. Schon als Kind half ich in der Landwirtschaft meiner Eltern mit. Nach der Schule gab es oft viel zu tun. In einem Aufsatz schrieb ich mit 12, ich will Porzellanmalerin werden und wenn ich spielte, war ich Sängerin. Ich hatte eine kreative Ader doch ich war sehr schüchtern. Mit der Wiedervereinigung bekam meine Familie ein attraktives Grundstück zurück und mein Vater baute eine Tankstelle, „für uns Kinder", wie er sagte. Schon mit 15 rockten mein Bruder und ich Wochenendschichten an der Kasse. Dass manche Leute den Laden „Kindertankstelle" nannten, wunderte mich. Für mich war es normal. Früh war ich kompetent und vielseitig. Als mein Vater plötzlich verstarb, beendete ich meine Lehre und übernahm den Laden. Die folgenden Jahre arbeite ich sehr viel und war der Familie treu.
Darüber wer ich sein wollte, habe ich nicht viel nachgedacht. Erst als ich selbst Mutter wurde, erwachte diese Frage in mir. Etwas Kreatives wollte ich machen und meins finden, doch es sollte noch eine Weile dauern. Der tiefste Punkt in meinem Leben war ein Burnout mit 35. Nach 15 Jahren erfolgreicher Tätigkeit als Geschäftsführerin zog mein Körper für mich die rote Linie. Das Leben lehrte mich, wir können viel leisten, wenn wir unseren eigenen Träumen folgen. Folgen wir jedoch den Ideen anderer, kann es passieren wir brennen aus.
Ich begann mich zu suchen und ausgiebig zu träumen. Ich begegnete Menschen, die mit dem Herzen sehen und Raum geben. Dazu gehören neben meinem Mann Sven viele andere mittlerweile Freunde und Freundinnen bei Calumed. Ich entdeckte den Tanz für mich und Heilungsmethoden, die so faszinierend waren, dass ich mich darin ausbilden ließ. Mich interessierten traditionelle Heilweisen, Psychologie, Rollenbilder und gewaltfreie Kommunikation. In mir entdeckte ich eine starke Resilienz, lernte die Treue zu mir und meinen Körper als weisen Ratgeber verstehen.
Heute bin ich Lehrerin für kreativtherapeutischen Tanz, weiterführend zur Tanztherapeutin. Mich berührt es tief, wenn Herzgeist spürbar wird, im Raum der Liebe, wenn sich Menschen selbst so nah kommen, dass sie ganz da und authentisch sind. Wenn ich darüber nachdenke wer ich geworden bin, bin ich stolz darauf sagen zu können, dass ich langsam sein, spielen und genießen kann. Heute fühle ich mich in mir beheimatet. Oft bekomme ich die Resonanz eine tiefe Ruhe auszustrahlen, die auch auf mein Gegenüber wirkt.
Was macht einen Menschen menschlich? In liebevollem, annehmenden Kontakt mit sich selbst zu sein, beheimatet und frei im eigenen Körper, das macht einen Menschen menschlich. Das ist der Urgrund, um liebevoll und verantwortungsbewusst in Kontakt mit allem Lebendigen und in Verbindung mit Himmel und Erde zu sein.

Mensch werden. Mensch bleiben.